In unserer Reihe "Politik & Musik": Wie wurden Folk, Blues und Jazz in der alten Bundesrepublik und in der DDR rezipiert - und wie haben sie die Gesellschaft geprägt?
Die Reihe „Politik und Musik“ nutzt Kulturgeschichte als Spiegel von Sozialgeschichte und der ihr innewohnenden politischen Kultur. Die amerikanischen Musikstile Blues und Jazz kamen mit den amerikanischen GIs, der Folk dann später mit dem Folk-Revival nach Westdeutschland. Sie waren Teil der Softpower, mit der eine Phase der kulturellen Hegemonie der USA im Westen geschaffen wurde. Die sozialen Träger dieser Musik waren eher linksliberal und gesellschaftskritisch verortet. Jazz und Blues waren die Musik der marginalisierten Schwarzen und daher anschlussfähig für die kritischen Kriegs- und Nachkriegskinder. In der 68er-Generation hatten Pete Seeger, Bob Dylan und Joan Baez einen großen Einfluss auf die Entstehung der westdeutschen Liedermacherszene, die sich aber auch aus deutschen Volks- und Arbeiterliedern sowie französischen Chansons speiste.
Im Osten war die amerikanische Populärmusik demgegenüber lange Zeit verachtet. Man hatte seine eigene Arbeiterkultur und starke Bande zum sowjetischen Brudervolk. Erst mit der Gegnerschaft der jungen US-Generation zum Vietnamkrieg ließ die SED-Führung aus taktischen Gründen diese Musikstile zu und versuchte, sie für sich zu benutzen. Seeger, Dylan und Baez waren sowohl „Botschafter des Friedens“ für die SED-Führung, als auch künstlerische Leitfiguren für die Opposition, die sich besonders in Kirchenkreisen sammelte. Seeger war gern gesehener Gast in Ost-Berlin beim „Festival des politischen Liedes“, seine Friedenslieder wurden aber auch in Kirchen gesungen. Dylans Anklagen gegen die Mächtigen boten Zuflucht für die Menschen, die nicht im SED-Staat mitmachen wollten. Seine Anti-Kriegslieder wurden aber auch von den DDR-Herrschenden als Songs gegen die USA interpretiert. Seine surreale Songpoesie passte zweifellos gut zur ostdeutschen Rockmusik, die mit ausgefeilten Bildern und Codes ihr kritisches Lebensgefühl an den Untiefen der Zensur vorbei an die Menschen brachte.
In unserem Seminar wollen wir genau auf die Ost-West-Unterschiede in der Rezeption der amerikanischen Musik schauen, aber auch mögliche Gemeinsamkeiten suchen und die Entwicklungen der Nachwendezeit beleuchten sowie den Status Quo beschreiben: Welchen Stellenwert hat im vereinten Deutschland 2025 die amerikanische Populärmusik?
Dem Thema und der Musik wird sich das Seminar – wie üblich in unserer Reihe - dabei sowohl von einer politisch-musikethnologischen wie von einer praktischen Seite her nähern.
In Kooperation mit der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz e.V. und der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung.
Abendveranstaltung 20.00 Uhr
"Gelöste Stimmen" - Lesung und Konzert mit Stephan Krawczyk, Liedermacher und Schriftsteller
DDR-Schicksale (in Berichten und Liedern)
Das Ziel der Veranstaltung ist es, mit den authentischen Erfahrungen von Betroffenen staatlicher Willkür in der DDR den Unterschied zwischen Diktatur und der Demokratie nachhaltig zu verdeutlichen. Der Detailreichtum der Berichte, die Eindringlichkeit, mit der sie ihre Darstellung finden, sind erschütternd und aufklärend zugleich. Die Texte handeln vom Eingesperrtsein, von Angst und Einsamkeit, Ungewissheit und Hoffnung und vom Mut zum Widerstand, sich nicht brechen zu lassen, die eigene Würde auch unter widrigen Umständen zu wahren.
„Sein Programm ist eine Brücke zwischen damals und heute". (Märkische Allgemeine Zeitung)
"Krawczyks Lieder, seine Texte sind nicht nur von höchster künstlerischer Qualität, seine Art des Nicht-Einfach-Nur-Dagegen-Seins, des selbstbewußten Andersseins inspirierte viele Menschen in der DDR" (Kulturzeit)
"Ein Erlebnis, das in Erinnerung bleibt." (DW)
(für die Teilnehmenden des Seminars ist diese Veranstaltung kostenlos)
Freitag, 28.11.2025 14.30-15.00 Uhr |
Musikalischer Einstieg Julia van Embers Band |
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15.00-16.30 Uhr |
Blitzlicht: Bob Dylans Auftritt 1987 im Treptower Park in Ost-Berlin Thomas Waldherr, M.A. |
16.30 Uhr |
Pause |
17.00-18.30 Uhr |
Zur Rezeption von Folk, Blues und Jazz in Ostdeutschland Dr. Simon Bretschneider |
18.30 Uhr |
Abendessen |
20.00-21.30 Uhr |
"Gelöste Stimmen" Stephan Krawczyk |
Samstag, 29.11.2025 9.00-9.15 Uhr |
Musikalischer Einstieg Julia van Embers Band |
9.15-10.45 Uhr |
Zur Rezeption von Folk, Blues und Jazz in Westdeutschland Richard Limbert |
10.45 Uhr |
Pause |
11.15-12.30 Uhr Workshop I |
Politische Songs. Praxisworkshop zum Mit-Musizieren Julia van Embers Band |
11.15-12.30 Uhr Workshop II |
Politische Poesie in Liedtexten Richard Limbert & Thomas Waldherr |
12.30 Uhr |
Mittagessen |
13.30-15.00 Uhr |
Fortsetzung der Workshops |
15.00-15.30 Uhr |
Präsentation der Workshop-Ergebnisse, Musikalischer Ausklang Julia van Embers Band |
Seminarleitung Dr. Florian Pfeil |
Erwachsene |
75,-€ mit Übernachtung |
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Jugendliche und Studierende |
50,-€ mit Übernachtung |
Die Unterbringung erfolgt in Doppelzimmern. |
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Der Teilnahmebeitrag wird gesplittet; 2/3 werden dem Seminar zugeordnet, 1/3 dient der institutionellen Kostendeckung |
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Das Seminar ist öffentlich zugänglich. Dieses Seminar ist im Gesamtangebot des Pädagogischen Landesinstituts Rheinland-Pfalz (PL) enthalten und als Maßnahme der Lehrerfortbildung nach § 65 Hessiches Lehrerfortbildungsgesetz akkreditiert. |
Stefanie Fetzer
Seminarorganisation politische Erwachsenenbildung
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