Ist nachhaltiger Konsum überhaupt möglich? Ein Erfahrungsbericht aus der Fridtjof-Nansen Akademie für politische Bildung:
Welchen ökologischen Fußabdruck hinterlassen wir? Kann es grenzenloses Wachstum geben? Ist unsere Erde in 20 Jahren noch lebenswert? Über diese und weitere Fragen stolpern wir, wenn wir uns mit Nachhaltigkeit beschäftigen. Die Fridtjof-Nansen-Akademie im Weiterbildungszentrum Ingelheim (WBZ) nimmt sich des Themas seit vielen Jahren im Rahmen ihrer Bildungsveranstaltungen an, und seitdem hat sich manches verändert.
„Die Reise einer Jeans um die Welt, das Ausrechnen des eigenen Fußabdrucks – vor 10 Jahren haben wir mit diesen Themen angefangen. Es ging anfangs darum, mit den Jugendlichen erst einmal darüber ins Gespräch zu kommen, was diese Themen mit ihrem Leben und ihrer Zukunft zu tun haben. Wir wollten unsere Teilnehmenden dazu ermutigen, in das komplexe Thema einzusteigen und sich mit ihren Sichtweisen einzumischen in Politik und Gesellschaft,“ so Jugendbildungsreferentin Lena Oschewsky.
Heute erheben viele junge Menschen ihre Stimme dagegen, dass in manchen Bereichen auf Kosten der zukünftigen Generationen gelebt und gewirtschaftet wird. Auch Gerechtigkeitsfragen innerhalb unserer heutigen Gesellschaft rücken zunehmend in den Fokus und stellen viel von dem in Frage, was man vielleicht als den ‚westlichen Lebensstil der letzten Jahrzehnte‘ beschreiben könnte. Wenngleich dieser auch in Europa nie allen Menschen zugänglich war.
„Ich finde es großartig,“ erklärt die Bildungsreferentin, „wenn es jungen Menschen gelingt, einer Gesellschaft da den Spiegel vorzuhalten und Debatten anzustoßen. Je konkreter wir jetzt diskutieren - im Seminarraum und auch darüber hinaus - wie wir zukünftig leben, arbeiten, wohnen und mobil sein wollen, desto größer stehen die Chancen, dass wir Dinge zum Positiven verändern können. Und das betrifft ganz ausdrücklich nicht nur die ökologische Seite der Nachhaltigkeit, sondern auch soziale Fragen. Spätestens, seit es Fridays for Future gibt, muss man jungen Menschen wirklich nicht mehr erklären, was der ökologische Fußabdruck ist.“
„Nachhaltigkeit hat ganz viel zu tun mit unseren Kernthemen: Globalisierung und Entwicklung, Wirtschaft und Fairer Handel, Flucht und Migration,“ sagt auch Dr. Florian Pfeil, Geschäftsführer des WBZ und Leiter der Fridtjof-Nansen-Akademie. „Dabei geht es um Klimafragen, aber auch um viel mehr. Es geht darum, eine eigene Haltung zu entwickeln. Am Ende läuft es auf die Frage hinaus, wie wir miteinander leben wollen – in Einrichtungen und Unternehmen, in den Kommunen, in Deutschland, Europa und der Welt – jetzt und in Zukunft.“
Schnell war für Florian Pfeil deshalb nach seinem Start in der Nansen-Akademie vor mehr als einem Jahrzehnt klar, dass „Nachhaltigkeit“ schon vor den Veranstaltungen beginnen muss, z.B. mit nachhaltig gedruckten Flyern und einem Pausenkaffee aus fairem Handel. Auch an seine ersten Veranstaltungen zum Thema erinnert er sich noch gut: „Die Jugendlichen waren fassungslos, als sie lernten, unter welchen katastrophalen sozialen und ökologischen Bedingungen die Rohstoffe für ihre Handys abgebaut werden. Coltan im Bürgerkriegsland Kongo zum Beispiel, oder Seltene Erden in China. Niemand wollte deswegen natürlich auf sein Handy verzichten. Aber sie wollten unbedingt wissen: Was können wir tun? Worauf können wir bei unserem Konsum achten? Die Bereitschaft, den eigenen Konsum kritisch zu hinterfragen und Nachhaltigkeitsaspekte bei Kaufentscheidungen zu berücksichtigen ist groß!“
In den kommenden Monaten wird es in der Erwachsenenbildung der FNA verstärkt um den Klimawandel gehen, aber auch um Klimaleugner. In der politischen Jugendbildung startet die neue digitale Werkstatt WBZ.lab im Rahmen des Ferienprogramms und bietet zwei medienpädagogisch ausgerichtete Workshops zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen („Sustainable Development Goals“ - SDGs) an. Die Teilnehmenden nehmen dabei jeweils ein konkretes Ziel unter die Lupe, recherchieren für Filmdokumentationen, gestalten Plakate und überprüfen Handlungsbedarfe für Ingelheim.