Als die Kunstgeschichte, die lange im Ruf stand, ein elitäres ›Orchideenfach‹ zu sein, sich im Zuge der politischen Umbrüche der 1968er Jahre neu erfand und ihren gesellschaftlichen Auftrag justierte, spielten Fragen der Bildung und Vermittlung eine zentrale Rolle. Kunstpädagogik, Museumsvermittlung und Erwachsenenbildung waren gesellschaftliche Felder, die weithin diskutiert wurden. Wo es nicht mehr um Formprobleme und Stildebatten ging, sondern darum, Funktion und Relevanz von Kunst in der Gesellschaft aufzuzeigen und kritisch zu hinterfragen, stieß die Kunstgeschichte auf breite Resonanz: Die überaus erfolgreichen Hörfunkkollegs »Kunst« und »Moderne Kunst« adressierten in den 1980er und 1990er Jahren breite Zielgruppen, wozu es einer genuinen Sprach- und Vermittlungskompetenz bedurfte.
Inzwischen hat sich das universitäre Fach von dem Anspruch und der Agenda, weite Kreise zu erreichen und sich in das politische Feld der Allgemein- und Breitenbildung einzubringen, wieder weitgehend verabschiedet und überlässt dies der Kunstdidaktik und den Vermittlerinnen und Vermittlern der Museen. Zwar wurde nie zuvor so viel popularisiert wie heute. Doch findet diese Popularisierung von Kunstgeschichte nicht im Fach statt, sondern auf YouTube-Kanälen und in den Sozialen Medien. Das gespannte Verhältnis der Kunstwissenschaft zur Allgemein- und Breitenbildung macht die Tagung in kritisch-aktueller wie in historischer Perspektive zum Gegenstand. Zu fragen ist einerseits, welche (bildungs)politische Relevanz der Wissenschaftskommunikation und Popularisierung im Fach Kunstgeschichte zukommt. Andererseits, welcher Sprachfähigkeit es bedarf, um sich erneut in gesellschaftliche Debatten einzubringen.
Berührt ist damit auch die Frage, auf welche Weise die Bedeutung von Kunstgeschichte als Fachgegenstand des schulischen Kunstunterrichts stark gemacht werden kann: Als Fach nämlich, dass über bloße Werkbetrachtungen und Kompositionsanalysen hinaus das Potential besitzt, Heranwachsenden Orientierung über den eigenen kulturellen Standort in einer zunehmend dynamisierten Welt zu vermitteln und ihnen Kunst- und Bildzugänge zu eröffnen, die nicht nur an gesellschaftliche, mediale und politische Fragen und Herausforderungen anschlussfähig sind, die junge Menschen beschäftigen, sondern auch für Dinge wie Fake News und Populismus zu sensibilisieren. Dazu muss das Fach sich nicht neu erfinden, wohl aber Zugänge und neues Bewusstsein für kunsthistorische Schul- und Allgemeinbildung schaffen sowie Handlungsoptionen für zeitgemäße bildungspolitische Adaptionen an die Bedürfnisse einer Transformationsgesellschaft aufzeigen.
Dienstag, 07.05.2024 09.00-09.15 Uhr |
Begrüßung Joachim Kießling |
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09.15-10.00 Uhr |
Thematischer Aufriss. Einleitung ins Thema Prof.‘in Dr. Julia Trinkert |
10.00-10.30 Uhr |
Pause |
10.30-12.00 Uhr |
Kunstgeschichte in den sozialen Medien. Dr. Wolfgang Ullrich |
12.00-13.30 Uhr |
Mittagessen |
13.30-15.00 Uhr |
„What use ist art“ – Überlegungen zu narrativer Unmündigkeit N.N. |
15.00-16.30 Uhr |
Kulturelle Hierarchien in Kunst, Kunstwissenschaft und Kunstpädagogik. Erfahrungen und ein Plädoyer Dr. Irene Below |
16.30-17.00 Uhr |
Pause |
17.00-18.30 Uhr |
Steuerung und Spontaneität – Max Imdahls Vermittlungsexperimente bei der Bayer AG in Leverkusen Tim Kollande |
18.30 Uhr |
Abendessen |
Mittwoch, 08.05.2024 09.00-10.30 Uhr |
Das Funkkolleg „Kunst“ 1984/85 und seine Historisierung Prof. Dr. Werner Busch |
10.30-11.00 Uhr |
Pause |
11.00-12.30 Uhr |
Funkkolleg „Moderne Kunst“. Autor:innen, Sprecher:innen, Prof.‘in Dr. Monika Wagner |
12-30-14.00 Uhr |
Mittagessen |
14.00-15.30 Uhr |
Kunstgeschichte als Geschenk Prof. Dr. Joseph Imorde |
15.30-16.00 Uhr |
Plenum und Perspektivdiskussion |
16.00 Uhr |
Seminarende |
Seminarleitung Jun. Prof.‘in Dr. Julia Trinkert |
Erwachsene |
110,- € mit Übernachtung |
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Die Unterbringung erfolgt in Doppelzimmern. |
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Der Teilnahmebeitrag wird gesplittet; 2/3 werden dem Seminar zugeordnet, 1/3 dient der institutionellen Kostendeckung |
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Das Seminar ist öffentlich zugänglich. Dieses Seminar ist unter der Nummer 24FNA00002 im Gesamtangebot des Pädagogischen Landesinstituts Rheinland-Pfalz (PL) enthalten und wird in der Fortbildungssuchmaschine des Ministeriums für Schule und Bildung in NRW angeboten und kann in NRW von den Schulen aus den Fortbildungsbudgets finanziert werden. |
Stefanie Fetzer
Seminarorganisation politische Erwachsenenbildung
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